Ende 2021 erlöschen per Gesetz die Betriebsgenehmigungen für die Kernkraftwerke Gundremmingen, Grohnde und Brokdorf und die Kohlekraftwerke Wilhelmshaven-Uniper, Bremen-Farge und Bergkamen A. Die gesicherte Leistung des deutschen Kraftwerkparks wird dann auf 86 GW und bis 2023 auf ca. 74 GW (lt. BDEW) abnehmen. Der deutsche Bedarf in Hochlastzeiten beträgt aktuell ca. 82GW. Damit ist Deutschland spätestens 2023 auf Stromimporte von mindestens 8 GW angewiesen. Wenn bis 2030 weitere 13 GW Kohlekraftwerke vom Netz gehen, sinkt die gesicherte Leistung auf 61 GW.
Einschätzung ELBE ENERGIE:
Der deutsche Leistungsbedarf wird durch Sektorkopplung und Digitalisierung weiter stark steigen. So rechnet die Dena 2030 je nach Szenario mit einem Bedarf 99-123 GW. Damit würde die Stromlücke 2030 mehr als 40 GW betragen. Dies entspricht der Leistung von ca. 26 Kraftwerken in der Größe von Brokdorf oder Hamburg-Moorburg .
Die Hoffnung der Bundesregierung, die Lücke durch Stromimporte zu decken, wird sich nicht erfüllen. Auch unsere Nachbarn bauen gesicherte Leistung ab und haben ähnliche Spitzenlastzeiten wie Deutschland. Hier hilft ein Blick in den Sonnenstaat Kalifornien, wo in den letzten Jahren viele Kohle- und Gaskraftwerke abgeschaltet wurden. Wenn dort alle gegen 17:00 Uhr ihre Klimaanlagen anschalten und ihre E-Autos laden, bricht die Versorgung regelmäßig zusammen.
Außerdem ist die deutsche Importleistung auf Grund vorhandener Leitungen auf ca. 17 GW (BNetzA 2019) begrenzt.
Auch der Glaube der Politik an neue Gaskraftwerke ist wenig realistisch:
Für neue Gaskraftwerke bedarf es Bau- und Planungszeiten von durchschnittlich mehr als 6 Jahren. Zudem sind ab August 2021 neue EU-Emissionswerte in Kraft. Eine Nachrüstung von bestehenden Gasturbinen mit Katalysatortechnik ist im Regelfall unwirtschaftlich. „In vielen Fällen wird deswegen eine Beschränkung der jährlichen Betriebsstunden, eine Stilllegung oder ein Ersatzbau erfolgen müssen“. (Kohlekommissionsbericht)
Außerdem ist momentan niemand auf Grund des politischen und wirtschaftlichen Rahmens bereit, neue Kraftwerke zu bauen. So fallen auf Grund der kurzen Einsatzzeiten Betriebskosten von mind. 10.000 €/MWh an. Betreiber müssen darauf vertrauen, dass der Strommarkt über die gesamte Anlagenlebensdauer funktioniert und entsprechende Strompreise erzielt werden. Preise von mehr als 10.000 €/MWh sind in Extremsituationen denkbar, wie z.B. Mitte Februar in Texas, als ein historischer Wintersturm den Strombedarf in unvorhergesehene Höhen trieb und gleichzeitig die Gasversorgung für Kraftwerke teilweise zusammenbrach. Allerdings ist deren Eintrittswahrscheinlichkeit kaum berechenbar, zumal schon kleine Änderungen von Rahmenbedingungen oder Marktdesign erheblichen Einfluss haben. Zu diesem wirtschaftlichen Betriebsrisiko kommt noch das Risiko sich ständig ändernder politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, die eine verlässliche Planung unmöglich machen.
100.000 gleichzeitig geladene Elektro-PKW, (bei ca. 1 Mio. reiner E-Fahrzeuge) könnten eine Lastspitze von bis zu 35 GW verursachen. (Bei 350 kW Ladeleistung)