Die Auftragseingänge im Maschinenbau als Indikator für die Gesamtwirtschaft gingen im Mai um 10 % zurück, der achte Rückgang in Folge. Ähnliches ist in der gesamten deutschen Wirtschaft zu beobachten.

Die stärksten Produktionsrückgänge verzeichneten 2022 laut IEA Aluhütten, Stahlwerke, Papier- und Chemiefabriken. Auch die Automatisierungsindustrie hat gelitten. Wie in der Papierindustrie sind dort kleine und mittlere Unternehmen insolvent gegangen. Eine signifikante Erholung ist im ersten Halbjahr 2023 ausgeblieben, so die IEA weiter – trotz gesunkener Energiepreise. So haben einige Stahlwerke ihre Drosselungen zwar rückgängig gemacht. Dafür folgten aber in Branchen wie der Aluminiumindustrie dauerhafte Schließungen. Das Uedesheimer Rheinwerk, Deutschlands größte Aluminiumhütte, wird aufgrund hoher Stromkosten bis Ende 2023 schließen.

Nachdem der Energiebedarf der deutschen Industrie im letzten Jahr durch Produktionsdrosselung und -stillegung bereits um 16 % eingebrochen ist, stellte das Ifo-Institut am 04.08. Daten zur Lage der Chemieindustrie vor. So pessimistisch zum Auftragsbestand war die Chemieindustrie seit der Finanzkrise nicht mehr. „Wir sind der erste Dominostein, der ins Wanken gerät. Wenn es uns schlecht geht, folgen bald andere.“, so VCI-Chef Steilemann.

Der Spezialchemiekonzern Lanxess plant angesichts hoher Strompreise zwei Werke in Krefeld-Uerdingen zu schließen: Die energieintensive Hexan-Oxidation soll bis 2026 schließen, die Chromoxid-Produktion ist seit Monaten unausgelastet, da sich die Kunden aus der Keramikindustrie aufgrund der wirtschaftlichen Lage aus Deutschland zurückziehen. Auch aus anderen Branchen ist die Nachfrage eingebrochen. Kunden bauen Lagerbestände ab, da auch sie weniger produzieren. Daher sollen 2023 die Kosten um 100 Mio. € reduziert werden, ab 2025 um 150 Mio. €/a. CEO Zachert: „Die De-Industrialisierung beginnt […] ich bin jetzt seit 30 Jahren in der Industrie, ich habe das in dieser Härte noch nie erlebt.“

BASF errichtet für 11 Mrd. € ein neues Werk in China und baut durch die Schließung der Düngemittelfabrik in Ludwigshafen und weiterer Anlagen 2.600 Arbeitsplätze ab. „Wir machen uns zunehmend Sorgen um unseren Heimatmarkt“, so BASF-Chef Brudermüller.

Der Essener Spezialchemiekonzern Evonik will in diesem Jahr 250 Mio. € einsparen, auch der Kunststoffkonzern Covestro dreht an allen Kostenschrauben.

Zudem gibt es einen Trend zur Produktionsverlagerung ins Ausland. Deutsche Unternehmen haben 2022 Direktinvestitionen von 143 Mrd. Dollar im Ausland getätigt, ausländische Firmen nur 11 Mrd. in Deutschland investiert. Das ergibt einen Rekordabfluss von 132 Mrd. Dollar:

Laut VDA-Umfrage unter 128 deutschen Automobilzulieferern plant kein einziger, Investitionen in Deutschland zu erhöhen. Mehr als ein Viertel plant die Verlagerung ins Ausland.

Porsche sucht in Europa, den USA oder Kanada nach einem Standort für eine Batteriefabrik. Finanzchef Meschke meinte in Bezug auf mehrere im VW-Konzern geplante Batteriewerke, ein um ein Cent höherer Strompreis bedeute Mehrkosten von ca. 100 Mio. €/a.

BMW-Chef Zipse sieht die Lage in Deutschland ähnlich kritisch, wie bei der Präsentation der Halbjahreszahlen am 17.08. deutlich wurde. Es finde eine schleichende Deindustrialisierung statt. Das zeige sich vor allem bei mittelständischen Unternehmen, wo die Insolvenzen besonders im verarbeitenden Gewerbe immer mehr zunehmen.

Volkswagen baut sein Batteriewerk wegen niedrigerer Stromkosten und höhere Subventionen in Kanada, eine 2-Mrd.-Dollar-Fabrik für Geländewagen in South Carolina und für rund eine Mrd. € ein Elektrofahrzeugzentrum in der Nähe von Shanghai.

Autozulieferer Schaeffler wird seine nächsten Werke wahrscheinlich in den USA bauen.

Im Juni, in dem Unternehmen normalerweise einstellen, stieg die Arbeitslosenzahl um ca. 200.000 im Vergleich zum Vorjahr. Trotz niedriger Arbeitslosenquote von 5,7 % und fast 800.000 offenen Stellen sagte Arbeitsamtsleiterin Nahles: „Die Arbeitslosigkeit steigt und das Beschäftigungswachstum verliert an Dynamik. Wir beginnen die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen auf dem Arbeitsmarkt zu spüren.“

Quellen:FAZ, NZZ, FAZ; Politico, NZZ

  • Kommentar Elbe Energie:

Der sinkende Energiebedarf der Industrie führt zu einer Verringerung des Wachstums des deutschen Stromverbrauchs. Dauer und Stärke des Trends sind ungewiss und Abhilfe durch eine Ausweitung des Energieangebots, Bürokratieabbau, Digitalisierung, Steuersenkungen, Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften sowie Investitionen in Bildung und Forschung etc. ist nicht in Sicht.

Auch ein „grünes Wirtschaftswunder wegen Klimaschutzinvestitionen“ ist unwahrscheinlich, da lediglich Ersatzinvestitionen getätigt werden. Denn mit Entstehen neuer Märkte und Produkte werden gleichzeitig alte vernichtet. (z.B. Verbrenner- vs. Elektroauto). Ein Wirtschafswunder wird allenfalls in China entstehen, das als weltweit größter Solarzellenhersteller in den Startlöchern steht, dieses Konzept auf Elektroautos und Windkraftanlagen zu übertragen.