Der Erdgasterminpreis ist seit dem Maximum mit ca. 300 €/MWh (Aug 22) auf knapp 43 €/MWh (Dutch TTF Natural Gas, 18.04.23) gesunken. Gleichzeitig endet die Heizperiode und die europäischen Speicher sind mit 56 % überdurchschnittlich für diese Jahreszeit gefüllt.

Die fehlenden russischen Erdgaslieferungen nach Europa sind zur Hälfte durch LNG ersetzt worden. Die andere Hälfte wurde durch Verbrauchsreduzierungen von Unternehmen und Haushalten sowie durch milde Witterung eingespart. Russland liefert weiterhin Erdgas nach Europa, aktuell ca. 20 % des früheren Volumens per Pipeline. Sollten diese Mengen ausfallen, wird es wieder eng. Zudem kamen 2022 rund 13 % der europäischen LNG-Importe aus Russland.

Europäische Gas- und Strompreise werden zunehmend vom globalen LNG-Preis bestimmt. LNG-Verkäufer setzen auf Langfristverträge, um ihre Investitionen abzusichern. Europäische Käufer möchten kurzfristige Verträge, da die EU-„Energiewende“ die Gasnachfrage unsicher macht. Dies bedeutet hohe Preise in der kurzen Frist, wenn die Nachfrage groß ist.

Die UK-Gasexporte in die EU steigen stark an, da es dem Land an Speichern mangelt und LNG weiterhin im Überfluß vorhanden ist. China verzeichnet LNG-Rekordreexporte. Japan, ein großer LNG-Importeur, bietet ebenfalls an, Lieferungen zu verkaufen. In Südamerika bleibt die Nachfrage schwach, bis Argentinien im Mai sein zweites Importterminal errichtet. LNG-Tanker warten gerade wochenlang auf See, um Abnehmer zu finden.

Ausblick

Russische Erdgaslieferungen nach Europa werden wahrscheinlich auf absehbare Zeit so spärlich fließen, wie seit Mitte 2022. Erst ab 2025 werden größere LNG-Projekte in den USA, Kanada und Katar auf den Markt kommen und die Preise entspannen. Mit sinkenden Preisen fahren einige Unternehmen Produktionsanlagen wieder hoch.

Auch das Wetter bleibt entscheidend. Es geht nicht nur um einen kalten, kommenden Winter, sondern auch um eine mögliche Hitzeperiode im Sommer, die vorhergesagt wird. Hitze bedeutet niedrige Flußpegel, wodurch der Kohletransport über den Rhein beeinträchtigt wäre und Wasserkraftwerke weniger laufen. Hitze führt auch wegen wärmerem Flußwasser zu Kühlproblemen bei thermischen Kraftwerken, z.B. den französischen Kernkraftwerken. Dadurch würde mehr Gas verstromt werden.

Auch Wartungs- und Reparaturarbeiten an französischen Kernkraftwerken erhöhen die Verstromung von Kohle- und Gas. Derzeit sind nur 36 von 56 Atomkraftwerken in Betrieb. Auch wegen des Streikrisikos hält die Unsicherheit weiter an. Dies schlägt sich in den Strompreisen für Lieferungen Ende 2023 nieder, die für Frankreich höher sind als für Deutschland.

Ein großes Fragezeichen steht auch hinter der Nachfrage aus China und der Entwicklung der Weltwirtschaft.

FAZIT:

Das globale LNG-Angebot wird bis 2025 begrenzt bleiben. Dies spiegelt sich in den Terminpreisen wider, die in den kommenden Monaten und im Winter höher ausfallen und bis 2025 erhöht bleiben.

Hitze und Trockenheit im Sommer können den Verbrauch erhöhen. Ab Q-3 werden Importeure beginnen, sich auf den Winter vorzubereiten und damit den LNG-Wettbewerb verschärfen.

„2023 ist die europäische Gasbilanz viel fragiler als 2022“, so das französische Institut für Internationale Beziehungen. „Kleine Versorgungsunterbrechungen können große Auswirkungen haben.“ Auch die jährliche Wartung der Gasanlagen von Ende April bis zum Sommer könnte das übermäßige Angebot eindämmen.

„Wir befinden uns so lange in einer Energiekrise, solange Unternehmen sagen, daß sie bei diesen Energiepreisen nicht produzieren können.“

Quellen:

https://www.bloomberg.com/news/articles/2023-04-16/world-gas-supply-shifts-from-shortage-to-glut-with-demand-muted#xj4y7vzkg?leadSource=uverify%20wall?leadSource=uverify%20wall

https://www.nzz.ch/wirtschaft/die-erdgaskrise-die-nicht-war-fuer-eine-entwarnung-ist-es-jedoch-noch-zu-frueh-ld.1733532?mktcid=smsh&mktcval=E-mail