Wasserstoff und Energieversorgung: Herausforderungen und Chancen für die Versorgungssicherheit
Grüner Wasserstoff gilt als Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige Energiezukunft. Er könnte den CO₂-Ausstoß drastisch senken und die Energieversorgung langfristig sichern. Doch der Weg dahin ist voller Herausforderungen, wie aktuelle Studien und Entwicklungen zeigen.
Die Vision des Grünen Wasserstoffs bis 2030
Grüner Wasserstoff – aus erneuerbaren Energiequellen wie Wind und Sonne hergestellt – soll bis 2030 eine tragende Rolle in der Energieversorgung übernehmen. Eine Studie des Deutschen Bundestags in Zusammenarbeit mit Greenpeace (April 2020) zeigte die potenziellen Kosten von grünem Wasserstoff, die bei 90-150 Euro pro Megawattstunde (€/MWh) liegen könnten. Die Fraunhofer-Gesellschaft untersuchte im September 2023 die besten Produktionsbedingungen weltweit. Brasilien, Australien und Kolumbien könnten Wasserstoff für rund 100 €/MWh produzieren, doch die Bereitstellung in Deutschland würde die Kosten deutlich erhöhen – auf 171 €/MWh bei Transport per Schiff und auf 137 €/MWh bei einer Pipeline aus Nordafrika und Südeuropa.
Grüner Wasserstoff: Kosten und Wirtschaftlichkeit bleiben ein Hindernis
Die hohen Bereitstellungskosten stellen eine zentrale Hürde für die Markteinführung dar. Eine Studie von Boston Consulting im Oktober 2023 bestätigte, dass die Kosten für grünen Wasserstoff je nach Bedingungen sogar bei 150-240 €/MWh liegen könnten. Diese Preisstruktur macht den Wasserstoff aktuell für viele Anwendungen unattraktiv, insbesondere im Vergleich zu fossilen Brennstoffen. Als Reaktion darauf hat beispielsweise die Raffinerie Heide im November 2023 ihr grünes Wasserstoffprojekt eingestellt.
Rückschläge bei Wasserstoffprojekten in Europa
Die letzten Jahre waren von einem Auf und Ab geprägt. Zahlreiche Projekte wurden gestartet, aber auch wieder eingestellt. So beendete Norwegen im September 2024 die Pläne für eine Wasserstoffpipeline nach Deutschland, und Shell stoppte kurz darauf das Nyhamna-Projekt in Norwegen. Auch Dänemarks Pipeline-Projekt nach Deutschland verzögert sich um mehrere Jahre. In Schweden stellte Uniper im Oktober 2024 ein 200-MW-Wasserstoffprojekt ein. Die Herausforderungen und Verzögerungen zeigen, wie schwierig der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur in Europa ist.
Deutsche Pläne: Wasserstoffkernnetz bis 2032
In Deutschland geht die Planung dennoch weiter. Im Oktober 2024 wurde der Bau eines Wasserstoffkernnetzes bis 2032 genehmigt. Der deutsche Ferngasnetzbetreiber plant Investitionen im niedrigen Milliardenbereich. Die Gesamtkosten könnten über zehn Jahre jedoch im dreistelligen Milliardenbereich liegen. Diese Infrastruktur soll vor allem Raffinerien zugutekommen, die durch den Wasserstoffeinsatz höhere Emissionsminderungen erzielen könnten, da sie von der sogenannten „doppelten Quote“ profitieren.
Technische Herausforderungen und der Faktor Zeit
Doch die Einführung von Wasserstoff birgt auch technische Herausforderungen. Ein deutsches Energieunternehmen warnte, dass H2-ready Gaskraftwerke frühestens in 10-15 Jahren einsatzbereit sein könnten. Zudem bestehen ungelöste technische Probleme beim Übergang von Erdgas (CH4) auf Wasserstoff (H2). Skeptiker bezeichnen den Plan der Bundesregierung, auf Wasserstoff als Energieträger der Zukunft zu setzen, als riskant.
Versorgungssicherheit durch Wasserstoff?
Angesichts der geopolitischen Abhängigkeiten und der Komplexität der Wasserstoffproduktion stellt sich die Frage, ob Wasserstoff die Versorgungssicherheit langfristig stärken kann. Deutschland erwägt derzeit den Import von Wasserstoff aus Indien, um Versorgungslücken zu schließen. Diese Strategie könnte helfen, die Energiewende zu beschleunigen, macht das Land aber auch von neuen Lieferländern abhängig.
Ein schwieriger, aber notwendiger Weg
Der Weg zu einer wasserstoffbasierten Energieversorgung ist lang und voller Herausforderungen – von hohen Kosten über technische Hürden bis hin zur Abhängigkeit von Importen. Dennoch bleibt Wasserstoff ein wichtiger Baustein für die Energiezukunft. Wenn die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen, könnte grüner Wasserstoff langfristig zur Versorgungssicherheit beitragen und einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung leisten.